Dieser Juli war manchmal schlichtweg zum Verzweifeln. Auch als Coach, Psychologin und Psychotherapeutin, ausgestattet mit den ausgefeiltesten Techniken, sage ich das ganz offen, das war oft ziemlich hart. Aber auch – was für ein Glück – das genaue Gegenteil. Warum?
Delta trifft Spanien in voller Härte
Aller Wahrscheinlichkeit nach durch den Tourismus aus England hat sich besonders in meiner Wahlheimat Kanarische Inseln der Corona-Virus wieder in rasender Geschwindigkeit ausgebreitet. Wie nie zuvor füllten sich Krankenhäuser und Intensivstationen, alle Altersgruppen waren betroffen. Es starben 18-jährige, Kinder und sogar ältere Geimpfte.
Das abschreckende Beispiel direkt vor Augen
Der jugendliche Sohn eines guten Freundes infizierte sich, blieb zwar glücklicherweise symptomlos, aber versetzte die ganze Familie in Angst und Schrecken. Eine 5-köpfige Familie in Quarantäne bei beengten Wohnverhältnissen, das ist ein Vabongspiel und zehrt an den Nerven. Ich versuchte, nicht nur die Wogen zu glätten, sondern auch mitzuhelfen, Lebensmittel, Medikamente, etc. zu organisieren. Das Schlimmste war allerdings für alle die Angst, bis sich endlich herausgestellt hat, dass alle negativ sind. Und dazu beitragen, diese Ängste im Zaum zu halten, war für mich eine Selbstverständlichkeit.
Meine geliebte Wahlheimat in Aufruhr
In meinem Ort explodierten die Inzidenzen ganz besonders und wenige der Ü50-Generation fühlten sich noch sicher. Die Älteren zogen sich zum Teil wieder in ihren Häuser zurück und beschränkten Kontakte auf das unterste Minimum. Wenn man jemandem begegnete, ging es gleich im Zickzack zur Seite oder 3 Meter rückwärts. Das soziale Leben nahm manchmal absurde Formen an. Umso mehr erlebte ich wunderbare tiefgehende Telefonate, in denen in seltener Offenheit über Gefühle gesprochen wurde.
Was mich anbetraf, hatte ich seit Wochen und Monaten schon versucht eine Impfung zu erhalten, es gelang mir nicht. Aufgrund von starken Allergien hatte der spanische Hausarzt in meinem Fall eine Impfung kategorisch abgelehnt. Und alle Versuche, ihn zu überzeugen waren nutzlos. Da war guter Rat ziemlich teuer.
Ein Wunder namens Gregorio
Ich musste meinen eigenen Weg finden. Ich organisierte mir die erforderlichen Allergie-Medikamente in Deutschland und versuchte an sämtlichen verfügbaren Stellen, einen Impftermin zu bekommen. Nichts. Ich war der Verzweiflung nah. Ungeimpft wollte ich auch nicht nach Deutschland fliegen. Glücklicherweise bin ich Löwe und kampferprobt. Also habe ich noch einmal versucht, persönlich an einer Terminvergabe-Stelle vorzusprechen. Wieder nichts. Keine Chance.
Während ich mit der zuständigen Dame sprach, fiel mir im Hintergrund der Behörde ein älterer Herr auf, der seiner Gesprächspartnerin ein berührendes Lächeln schenkte. Und aus welchem Grund auch immer, wagte ich die Dame zu fragen, um wen es sich handelte. Sie antwortete nur brüskiert: Gregorio. Ich fügte nur hinzu, er mache einen sympathischen Eindruck.
Zuhause angekommen, fühlte ich mich am Ende meiner Kräfte. Mein Gehirn war leer. Meine bewährte Kreativität wie weggeblasen.
Nach einer Stunde klingelte das Telefon. „Ich bin Gregorio, du möchtest eine Impfung?“ Ich war platt. Ich habe bis heute keine Ahnung, welche Position Gregorio innehat. Aber er bot mir für den nächsten Tag Astra Zeneca an. Natürlich habe ich angenommen. Gregorio und sein Lächeln, das ich sogar durch das Telefon spüren konnte, werden mir im Gedächtnis bleiben.
Das Impf-Abenteuer und seine Folgen
Am frühen Morgen fuhr mich ein lieber Freund auf den Berg ins Impfzentrum. Ich traute meinen Augen nicht, es warteten schon hunderte von Impfwilligen in einer endlosen Schlange um den Sportplatz. Die Wolken hingen tief und der frische Wind ließ uns die Zähne klappern. Aber klar, aufgeben kommt nicht in Frage. Nach 1 1/2 Stunden war es dann soweit. Piks.
Logisch, dass das unmittelbar eine zuckerfreie vegane Rohkost-Torte erforderte! :-)))
Ein paar Stunden später kamen Allergie und Fieber und alles, was man nicht haben möchte. Und ich kann nicht behaupten, dass das ein Klacks gewesen wäre. Aber in den folgenden Tagen und Wochen kümmerten sich Freundinnen, Nachbarn und befreundete Ärzte rührend um mich. Und so kann ich nur danke, danke, danke sagen, dass ich soviel Zuspruch und Hilfe erfahren durfte.
Impfdrama 2. Akt
Nach diesen Nebenwirkungen war klar, dass die zweite Impfung nicht Astra Zeneca sein darf. Aber das spanische Behördenwesen hat seine eigenen Gesetze und erlaubt das nicht. Wahrscheinlich überall auf der Welt sind Vorschriften Vorschriften und es gibt keine Ausnahme. Meine zugewiesener spanischer Hausarzt O-Ton:
„Entweder sterben Sie an Covid oder an der Impfung.“
Ein Eimer kaltes Wasser wäre nichts dagegen gewesen.
Der Silberstreif am Horizont
Auch wenn man sich letztlich immer selbst an den Haaren aus dem Sumpf ziehen muss, hier haben meine Freundinnen kräftig mit gezogen.
Alles im Kopf zu sortieren braucht manchmal Rat von außen. Und auch ein Coach oder Therapeut ist Mensch und spürt alle Emotionen wie alle anderen auch. Angst, Wut, Verzweiflung, Hilflosigkeit. Das, was dann wichtig ist, ist sich einzugestehen, jetzt ist Hilfe nötig. Und vielleicht nicht nur aus dem Freundeskreis.
Glücklicherweise gehören zu meinen Freundeskreis Ärzte und Therapeuten, die sich meiner angenommen haben. Es folgten viele Gespräche und Abwägungen, Diskussionen und schließlich Beschlussfassungen. Und zu guter Letzt wie Deus Ex Machina die Einladung einer Freundin nach München. Alles fix und fertig organisiert, Impfung, Wohnung und Flug!!!
Und so wird mich im August mein geliebtes München wieder haben, mit dem Hofgarten, dem Nymphenburger Schlosspark und dem Viktualienmarkt.
Der Blick auf die Vulkane
Nicht sonderlich oft, aber immer wieder haben mich meine kleinen „Haus-Vulkane“ vor allem im Abendlicht mit der rotbraunen Farbe beeindruckt und an mein Projekt Vulkan-Coaching-Reise erinnert. Aber was nicht geht, das geht nicht und Nachsicht musste ich auch mit mir selber üben.
Dieses wunderbare Reise- und Coaching-Projekt wird auf den September vertagt. Dann aber mit voller Kraft! Ich freue mich schon riesig darauf!
Resümee
Egal wie heftig die Wogen toben, wenn du offen bleibst für Veränderung und für Input von außen, kann der Weg nach oben gehen. Vielleicht nicht in gerader Linie, sondern in Auf und Abs. Und wenn du offen bleibst für echte Gefühle. Vor allem Dankbarkeit. In diesem Sinne, danke an euch alle!
1 Kommentar zu „Monatsrückblick Juli 2021 – aus dem wahren Leben eines Coachs auf La Palma“
Was für ein Monat der Juli für dich war! Gut, dass du nicht aufgegeben hast und dass du auch bereit warst, Hilfe anzunehmen. Ich drücke dir die Daumen, dass du die 2. Impfung besser verträgst!